Kalkulatorische Bodenwertermittlung
Der kalkulatorischen Bodenwertermittlung ist jedes Verfahren zuzurechnen, bei dem der Bodenwert nicht über vergleichende Wertung durch Vergleichspreise, sondern durch Berechnung (Kalkulation) des künftigen Wertes einer noch zu entwickelnden/herzustellenden Immobilie einerseits und der Entwicklungs-/Herstellungskosten andererseits ermittelt wird.
Darunter ist im engeren Sinn das „Kalkulationsverfahren für werdendes Bauland“ zu verstehen. Letzteres ist ein von der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. in jüngerer Zeit geprägter Begriff für ein von ihr empfohlenes Wertermittlungsverfahren, bei dem der Wert des werdenden Baulandes (Bauerwartungsland oder Rohbauland) von dem Wert des baureifen Landes durch Abzug der quantifizierten Belastungen und Risiken, auch zeitlichen, des Grundeigentümers abgeleitet wird.
Das Verfahren ist ein (verkürztes) Residualwertverfahren (Ermittlung des maximalen Bodenverkaufspreises), im Kern eine her leitbare Bodenwertermittlung.
Das Kalkulationsverfahren ist ein Ersatz für das Vergleichswertverfahren, wenn dieses versagt oder allein nicht aussagekräftig genug ist.
Dies ist dann der Fall, wenn keine Vergleichspreise vorliegen oder gezahlte Preise für Bauerwartungs- oder Rohbauland nicht zum Vergleich herangezogen werden können, weil die wertbeeinflussenden Merkmale (Zustand) der Grundstücke innerhalb einer Gemeinde so unterschiedlich sind, dass sich die Abweichungen mit Zu- und Abschlägen nicht erfassen lassen.
Unterschiedliche Entwicklungsbedingungen (unterschiedlicher Sozialwohnungs-, Grünflächen-, Erschließungsanteil, unterschiedlicher Umfang der vom Entwickler durchzuführenden oder zu finanzierenden sonstigen Infrastruktureinrichtungen, unterschiedlich lange Entwicklungszeit u.a.m.) sind insbesondere dort gegeben, wo Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Lasten, die in kausalem Zusammenhang mit der Baulandausweisung stehen, durch städtebauliche Verträge ganz oder teilweise auf die Grundeigner umzulegen. Gewöhnlich scheitert das Vergleichswertverfahren auch bei komplexen Entwicklungsprojekten (z.B. Kasernenareale); den vielfältigen und teilweise einmaligen sachlichen und zeitlichen Bedingungen lässt sich hier nachvollziehbar nur mit dem Kalkulationsverfahren oder einem umfangreicheren Residualwertverfahren Rechnung tragen.
Hilfreich in der Wertermittlung ist das Kalkulationsverfahren nur, wenn die Entwicklungszeiten und –kosten absehbar/abschätzbar sind, alle Rechenparameter mit marktüblichen (durchschnittlichen) Werten veranschlagt werden und das Ergebnis plausibel ist (Plausibilitätskontrolle).
Liegen diese Voraussetzungen vor, so wird gewöhnlich angenommen, dass der ermittelte Wert dem Verkehrswert entspricht oder zumindest nahe kommt. Unter deutschen Wertermittlern ist die Zulässigkeit einer solchen Schlussfolgerung allerdings umstritten.